14 Legendäre Cellisten: Von 1876 bis Heute (2025)

Berühmte Cellisten haben das Instrument von einem kaum beachteten Begleitinstrument zu einem Protagonisten in klassischen und modernen Kompositionen transformiert. Zunächst begann das Cello im 18. Jahrhundert an Bedeutung zu gewinnen und ersetzte die Bass-Viola da Gamba in Orchestern, was zur Schaffung zahlreicher Cellokonzerte führte.
Im Laufe der Zeit prägte jeder legendäre Cellist seinen eigenen unverkennbaren Stil. Pablo Casals gilt als Vater des modernen Cellospiels und wiederbelebte Bachs Solo-Cellosuiten, während berühmte Cellisten der Gegenwart wie Yo-Yo Ma mit seinem Silk Road Project kulturübergreifende Zusammenarbeit durch Musik fördern. Tatsächlich wurde Adrien-François Servais im 19. Jahrhundert sogar als „der Paganini des Cellos“ bezeichnet.
Darüber hinaus zeigt die Geschichte des Cellos eine beeindruckende Vielseitigkeit. Von Jacqueline du Prés definierender Interpretation von Elgars Cellokonzert bis zu Mstislav Rostropovichs Uraufführung von über 150 zeitgenössischen Werken – das Instrument hat in verschiedenen Genres wie Klassik, Jazz und Filmmusik eine bedeutende Rolle eingenommen. Diese Zusammenstellung der 14 größten Cellisten aller Zeiten beleuchtet die Meister, die das Instrument revolutioniert haben.
Pablo (Pau) Casals

Der katalanische Musiker Pau Casals, international als Pablo Casals bekannt, prägte die Cellowelt wie kaum ein anderer Künstler seiner Zeit. Seine Lebensgeschichte ist ebenso beeindruckend wie sein musikalisches Erbe.
Pablo Casals‘ Biografie
Am 29. Dezember 1876 in El Vendrell geboren, erhielt Casals seinen ersten Musikunterricht von seinem Vater, einem Organisten. Bereits mit vier Jahren lernte er Klavier, Flöte und Violine. Als Elfjähriger entdeckte er das Cello und war sofort vom Klang fasziniert. Ein Schlüsselmoment seiner Karriere ereignete sich 1890, als der 13-jährige Casals in einer Musikalienhandlung Johann Sebastian Bachs sechs Suiten für Cello solo entdeckte. Nach seinem Studium am Konservatorium in Barcelona und Madrid begann seine internationale Karriere mit einem Auftritt im Londoner Crystal Palace 1899.
Zwischen 1906 und 1933 bildete Casals mit dem Pianisten Alfred Cortot und dem Geiger Jacques Thibaud eines der berühmtesten Trios der Musikgeschichte. Nach Francos Sieg im Spanischen Bürgerkrieg ging er 1939 ins Exil nach Prades in Frankreich. 1956 zog er nach Puerto Rico, wo er 1973 im Alter von 97 Jahren starb.
Pablo Casals‘ Stil und Technik
Casals revolutionierte das Cellospiel grundlegend. Er experimentierte früh mit Finger- und Bogentechnik und entwickelte dadurch einen eigenen Stil. Sein singender, warmer Ton machte selbst unscheinbare Kompositionen zu großen Werken. Der Geiger Fritz Kreisler nannte ihn respektvoll den „König des Bogens“.
Bemerkenswert war seine Disziplin: Noch mit 93 Jahren übte Casals täglich vier bis fünf Stunden Cello. Auf die Frage nach dem Grund antwortete er: „Ich habe den Eindruck, Fortschritte zu machen“.
Pablo Casals‘ bedeutende Werke
Seine Interpretation der Bach-Cellosuiten zählt zu seinen wichtigsten Errungenschaften. Casals erweckte diese zuvor kaum beachteten Werke zu neuem Leben und nannte sie „die Quintessenz von Bachs Schaffen“. Seine Einspielungen aus den Jahren 1936-1939 gelten bis heute als Meilensteine. Daneben sind seine Aufnahmen der Cellokonzerte von Dvořák und Elgar (1937) von historischer Bedeutung. Als Komponist schuf er unter anderem das Oratorium „El Pessebre“ (Die Krippe) im Jahr 1960.
Pablo Casals‘ Einfluss auf die Musikgeschichte
Casals‘ Bedeutung geht weit über seine technischen Innovationen hinaus. Er emanzipierte das Cello als ernstzunehmendes Solo-Instrument und beeinflusste Generationen von Cellisten. Außerdem gründete er mehrere Orchester und Festivals, darunter das Orquestra Pau Casals (1919) und die Festspiele von Prades (1950).
Zugleich war er ein politisch engagierter Künstler, der aus Protest gegen das Franco-Regime jahrelang sein Cello schweigen ließ. Erst anlässlich des 200. Todestages von Bach im Jahr 1950 beendete er sein musikalisches Verstummen. Wilhelm Furtwängler fasste Casals‘ Bedeutung treffend zusammen: „Derjenige, der Casals nie gehört hat, weiß nicht, wie ein Streichinstrument klingen kann“.
Jacqueline du Pré

Als eine der emotionalsten Interpretinnen des 20. Jahrhunderts verzauberte die britische Cellistin Jacqueline du Pré das Publikum weltweit mit ihrem leidenschaftlichen Spiel. Ihr tragisches Schicksal und ihr musikalisches Erbe beeinflussen bis heute die Cellowelt nachhaltig.
Jacqueline du Prés Biografie
Jacqueline du Pré wurde am 26. Januar 1945 in Oxford geboren. Als Tochter einer Pianistin und Klavierlehrerin zeigte sie bereits mit vier Jahren ein außergewöhnliches musikalisches Talent, als sie beim Hören eines Cellos im Radio sofort feststellte: „Mami, solche Töne will ich auch machen“. Zu ihrem fünften Geburtstag erhielt sie ihr erstes Dreiviertel-Cello. Ihren ersten Unterricht bekam sie von ihrer Mutter, bevor sie zwischen 1955 und 1961 bei William Pleeth studierte.
Ihre musikalische Ausbildung vervollständigte sie bei den bedeutendsten Cellisten ihrer Zeit: 1960 bei Pablo Casals, 1962 bei Paul Tortelier in Paris und 1965 bei Mstislaw Rostropowitsch in Moskau. Nach ihrem Abschluss an der Londoner Guildhall School of Music debütierte sie 1961 in der Wigmore Hall.
Der Durchbruch gelang ihr 1962 mit Edward Elgars Cellokonzert in der Royal Festival Hall. 1967 heiratete sie den Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim und konvertierte zum Judentum. Zusammen mit dem Geiger Pinchas Zukerman bildeten sie ein bekanntes Trio.
Allerdings zeigten sich ab 1971 die ersten Symptome der Multiplen Sklerose. Nach ihren letzten Konzerten 1973 musste sie ihre glanzvolle Karriere im Alter von nur 28 Jahren beenden. Sie starb am 19. Oktober 1987 im Alter von 42 Jahren in London.
Jacqueline du Prés Stil und Technik
Du Prés Spiel zeichnete sich durch eine außergewöhnliche Intensität und Natürlichkeit aus. Ihr Cellospiel war voller Feuer und ungeheurer Musikalität. Tatsächlich vermochte sie es, mit ihrer charismatischen Ausstrahlung das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Ihre Interpretationen waren nie glattgebügelt oder veredelt, sondern stets lebendig und wahrhaftig.
Besonders bemerkenswert war ihre Fähigkeit, zwischen zärtlicher Sensibilität und dramatischer Kraft zu wechseln. In ihrer Spielweise schien sie mit dem Instrument gleichzeitig „zerstritten und verschmolzen“ zu sein, was ihrem Spiel eine einzigartige Spannung verlieh.
Jacqueline du Prés bedeutende Werke
Ihre 1965 entstandene Aufnahme von Elgars Cellokonzert mit dem London Symphony Orchestra unter Sir John Barbirolli gilt bis heute als Referenzaufnahme. Diese Interpretation setzte Elgars bis dahin unterschätzte Komposition in ein neues Licht und enthüllte dessen abgründige Melancholie.
Neben Elgar sind auch ihre Einspielungen der Konzerte von Dvořák, Schumann und Haydn von herausragender Bedeutung. Zudem entstanden durch ihre Zusammenarbeit mit Barenboim zahlreiche bemerkenswerte Kammermusikaufnahmen.
Ein besonderes Dokument ihrer künstlerischen Zusammenarbeit mit Daniel Barenboim, Itzhak Perlman, Zubin Mehta und Pinchas Zukerman ist der 1969 entstandene Film „The Trout“ über Franz Schuberts Forellenquintett, der den künstlerischen Ernst und die jugendliche Begeisterung aller Beteiligten eindrucksvoll widerspiegelt.
Video: → Making „The Trout“ with Du Pré, Perlman & Barenboim | Christopher Nupen – Listening Through the Lens
Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch

Der russische Virtuose Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch gilt als einer der bedeutendsten Cellisten der Geschichte. Seine vielseitige Karriere als Cellist, Dirigent, Pianist und Komponist machte ihn zu einer zentralen Figur der klassischen Musik des 20. Jahrhunderts.
Mstislaw Rostropowitschs Biografie
Am 27. März 1927 in Baku geboren, wuchs Rostropowitsch in einer musikalischen Familie auf. Sein Vater Leopold war selbst Cellist und Schüler von Pablo Casals. Mit vier Jahren begann er Klavier zu spielen, mit acht Jahren folgte das Cellospiel. 1943 begann er sein Studium am Moskauer Konservatorium, wo er Cello, Klavier, Dirigieren und Komposition studierte. Zu seinen Lehrern zählten Dmitri Schostakowitsch und Sergei Prokofjew. Seinen internationalen Durchbruch erlebte er 1964 mit einem Konzert in Deutschland.
Aufgrund seiner Unterstützung für den Dissidenten Alexander Solschenizyn erhielt er 1970 Auftrittsverbote und wurde 1974 aus der Sowjetunion ausgebürgert. Von 1977 bis 1994 leitete er das National Symphony Orchestra in Washington. Erst 1990 wurde ihm die russische Staatsbürgerschaft wieder zuerkannt. Am 27. April 2007 starb er in Moskau.
Mstislaw Rostropowitschs Stil und Technik
Seine Spieltechnik zeichnete sich durch einen besonders voluminösen, orchestralen Klang aus. „Wenn ich spiele, höre ich nicht den Klang des Cellos, sondern den eines Orchesters“, erklärte er einmal. Bemerkenswert war seine Fähigkeit, den Klang je nach Komponist anzupassen. Seine Sensibilität für verschiedene Orchestrierungen und Klangfarben prägte sein Spiel maßgeblich.
Rostropowitsch übte überraschenderweise selten mehr als zwei Stunden täglich. Nach eigener Aussage hatten seine Finger „ein eigenes Gedächtnis“.
Mstislaw Rostropowitschs bedeutende Werke
Als Interpret setzte er sich besonders für zeitgenössische Komponisten ein. Er beteiligte sich an mehr als 100 Uraufführungen als Cellist und etwa 65 als Dirigent. Zahlreiche Komponisten widmeten ihm Werke, darunter Prokofjew, Schostakowitsch, Britten, Lutosławski, Penderecki und Gubaidulina. Sein Instrument war das berühmte Stradivari-Cello „Duport“ von 1711.
Mstislaw Rostropowitschs Einfluss auf die Musikgeschichte
Seinen Einfluss auf das Cello-Repertoire beschrieb Yo-Yo Ma treffend: „Wir Cellisten verdanken ihm vielleicht 40 Prozent unseres heutigen Repertoires.“ Zu seinen bekanntesten Schülern zählen Mischa Maisky, David Geringas und Natalia Gutman.
Neben seiner musikalischen Bedeutung war Rostropowitsch auch für sein politisches Engagement bekannt. Seine Auftritte für die Freiheit wurden legendär, wie etwa sein spontanes Konzert am Checkpoint Charlie einen Tag nach dem Fall der Berliner Mauer. Für seine künstlerischen und humanitären Verdienste erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter die Presidential Medal of Freedom (1987) und den Lenin-Preis (1963).
Yo-Yo Ma

Der chinesisch-amerikanische Virtuose Yo-Yo Ma zählt zu den vielseitigsten und innovativsten Cellisten unserer Zeit. Sein musikalisches Schaffen überschreitet bewusst kulturelle und stilistische Grenzen.
Yo-Yo Mas Biografie
Am 7. Oktober 1955 in Paris geboren, begann Yo-Yo Ma bereits mit vier Jahren unter der Anleitung seines Vaters Cello zu spielen. Seine Familie siedelte später nach New York über, wo er an der renommierten Juilliard School bei Leonard Rose studierte. Mit nur acht Jahren trat er bereits mit Leonard Bernstein im amerikanischen Fernsehen auf. Nach seiner musikalischen Ausbildung absolvierte Ma zusätzlich ein geisteswissenschaftliches Studium an der Harvard University.
Seit 1978 ist er mit Jill Horner verheiratet und hat zwei Kinder. Bemerkenswert ist auch seine Instrumentensammlung: Er spielt ein Montagnana-Cello von 1733 und das berühmte „Dawidow“-Stradivari-Cello von 1712, das zuvor Jacqueline du Pré gehörte.
Yo-Yo Mas Stil und Technik
Mas Spiel zeichnet sich durch seinen samtigen, etwas gedeckten Klang aus. Sein Stradivari-Cello produziert keine Schärfen, auch nicht in höheren Lagen, Kritiker beschreiben seinen Stil als „omnivorous“ (allesfressend) mit einem beeindruckenden Spektrum an dynamischen und klangfarblichen Abstufungen.
Besonders charakteristisch ist seine Fähigkeit, durch das Cello Geschichten zu erzählen. Er selbst erklärt: „Musik ist in der Lage, Zeit, Raum und Erinnerungen zu konservieren“. Im Gegensatz zu du Prés Frustration mit dem „unberechenbaren“ Stradivari-Cello betont Ma, dass dieses Instrument vom Spieler „umschmeichelt“ werden müsse.
Yo-Yo Mas bedeutende Werke
Seine Diskografie umfasst mehr als 120 Alben, darunter 19 Grammy-Gewinner. Neben klassischen Werken widmete er sich auch zahlreichen genreübergreifenden Projekten – von Tango-Stücken Astor Piazzollas bis hin zu Kollaborationen mit Bobby McFerrin. Ein Meilenstein seiner Karriere ist die dreimalige Einspielung von Bachs Cellosuiten, zuletzt unter dem Titel „Six Evolutions“. Außerdem nahm er den Oscar-prämierten Soundtrack zu „Crouching Tiger, Hidden Dragon“ von Tan Dun auf.
Yo-Yo Mas Einfluss auf die Musikgeschichte
Mas größter Beitrag liegt möglicherweise in seinem interkulturellen Engagement. Im Jahr 2000 gründete er das Silk Road Ensemble, das Musiker aus verschiedenen Kulturkreisen zusammenbringt. Dieses Projekt schafft einen musikalischen Dialog zwischen Ost und West, zwischen Orient und Okzident.
Darüber hinaus dient er als UN-Friedensbotschafter und war der erste Künstler im Verwaltungsrat des Weltwirtschaftsforums. Seine Philosophie fasst er so zusammen: „Kultur muss gleichberechtigt am Tisch sitzen neben der Wissenschaft, neben der Wirtschaft. Aber heute glaube ich, Kultur ist der Tisch“.
Emanuel Feuermann

Emanuel Feuermann gilt als einer der größten Revolutionäre des Cellospiels und wurde von Künstlern wie Arthur Rubinstein als „der größte Cellist aller Zeiten“ bezeichnet.
Emanuel Feuermanns Biografie
Geboren am 22. November 1902 in Kolomea, Österreich-Ungarn (heute Ukraine), stammte Feuermann aus einer musikalischen Familie. Obwohl sein Vater ihn lieber als Geiger gesehen hätte, entschied er sich nach einem Konzert von Pablo Casals für das Cello. Bereits mit elf Jahren führte er zusammen mit seinem älteren Bruder Siegmund Brahms‘ Doppelkonzert mit den Wiener Philharmonikern auf.
Mit nur 17 Jahren wurde er als jüngster Professor aller Zeiten an die Kölner Musikhochschule berufen. Zunächst arbeitete er auch als Solocellist im Gürzenich-Orchester und als Cellist des Bram-Eldering-Quartetts. 1929 folgte die Berufung an die Berliner Musikhochschule, allerdings musste er Deutschland 1933 aufgrund seiner jüdischen Abstammung verlassen.
Nach Konzertreisen durch Europa, Japan und Amerika ließ er sich schließlich in den USA nieder. Dort führte er in New York an vier Abenden 13 Cellokonzerte auf – ein Ereignis, das als „Ein-Mann-Revolution“ gefeiert wurde. Tragischerweise starb Feuermann am 25. Mai 1942 in New York im Alter von nur 39 Jahren infolge eines ärztlichen Behandlungsfehlers.
Emanuel Feuermanns Stil und Technik
Mit Feuermanns außergewöhnlich virtuosem Spiel rückte das Cello erstmals wirklich als Soloinstrument ins öffentliche Bewusstsein. Seine Farbpalette glich eher der der besten Geiger: Furchtlos erklomm er die höchsten Töne des Cellos, mühelos und elegant.
Tatsächlich wird Feuermann als Revolutionär des Cellospiels betrachtet, da seine stupende Technik es ihm ermöglichte, alle Spiel- und Artikulationsarten eines Geigers auf seinem Instrument anzuwenden. Darüber hinaus nahm er regelmäßig Virtuosenstücke für die Violine in seine Programme auf, die er entsprechend bearbeitete.
Jascha Heifetz bezeichnete ihn nicht umsonst als „Jahrhunderttalent“. Nach Feuermanns Tod weigerte sich Heifetz sogar sieben Jahre lang, Kammermusik mit Cello aufzuführen.
Emanuel Feuermanns bedeutende Werke
Feuermann spielte auf einem Cello von Domenico Montagnana und hatte ein bemerkenswert breites Repertoire. Er führte unter Thomas Beecham die Uraufführung von Arnold Schönbergs Konzert für Violoncello und Orchester D-Dur nach dem Concerto per Clavicembalo von Matthias Georg Monn auf.
Außerdem interpretierte er regelmäßig zeitgenössische Musik von Komponisten wie Artur Honegger, Paul Hindemith, Ernest Bloch und Ernst Toch, dessen Cellokonzert er 1925 uraufführte.
Zu Ehren Feuermanns wurde 2002 anlässlich seines 100. Geburtstags der Emanuel-Feuermann-Wettbewerb für Violoncello (gp-emanuelfeuermann.de) ins Leben gerufen, der alle vier Jahre in Berlin stattfindet.
Pierre Fournier

Der französische Meister Pierre Fournier wurde oft als „Aristokrat des Cellospiels“ bezeichnet – ein Titel, der sowohl seinen eleganten Spielstil als auch sein persönliches Auftreten treffend charakterisierte.
Pierre Fourniers Biografie
Pierre Léon Marie Fournier wurde am 24. Juni 1906 in Paris als Sohn eines französischen Armeeoffiziers geboren. Eine milde Form der Kinderlähmung in seiner Kindheit beeinträchtigte die Beweglichkeit seiner Beine, weshalb er vom Klavier, das seine Mutter ihm beibrachte, zum Cello wechselte. Zunächst erhielt er Unterricht von Odette Krettly und studierte später bei André Hekking und Paul Bazelaire. Mit nur 17 Jahren schloss er 1923 sein Studium am Pariser Konservatorium ab und wurde schnell als „le violoncelliste du futur“ (der Cellist der Zukunft) gefeiert.
Seine internationale Karriere begann 1925 mit Auftritten beim Orchester Concerts Colonne. Von 1937 bis 1949 unterrichtete er an der École Normale de Musique und am Pariser Konservatorium. Nach dem Zweiten Weltkrieg musste er wegen seiner Auftritte im NS-kontrollierten „Radio Paris“ eine sechsmonatige Spielpause einlegen. Seine erste US-Tournee 1948 brachte ihm allerdings großen Erfolg in New York und Boston. 1956 verlegte er seinen Wohnsitz in die Schweiz, behielt jedoch seine französische Staatsbürgerschaft bei. Fournier starb am 8. Januar 1986 in Genf.
Pierre Fourniers Stil und Technik
Fournier war bekannt für seinen warmen, singenden Ton und sein uneitles, schnörkelloses Spiel. Sein Cellospiel zeichnete sich durch eine poetische Ausdruckskraft aus, die selbst Klassikfans ohne besondere Nähe zum Cello in seinen Bann zog. Besonders charakteristisch war seine absolute Fokussiertheit – wenn er spielte, schien alles um ihn herum zu verschwinden.
Im Gegensatz zu anderen Virtuosen bewahrte Fournier stets das richtige Maß zwischen technischer Perfektion und emotionalem Ausdruck. Dadurch verlieh er jedem Werk, das er interpretierte, Klarheit und natürliche Eleganz.
Pierre Fourniers bedeutende Werke
Zu seinen herausragendsten Einspielungen zählt seine legendäre Interpretation der Cellosuiten von Johann Sebastian Bach aus dem Jahr 1961. Dieser Aufnahme gelang es, den Werken eine Farbintensität zu verleihen, die bis heute nichts von ihrer überwältigenden Suggestivkraft verloren hat.
Darüber hinaus setzte er sich besonders für Camille Saint-Saëns‘ erstes Cellokonzert ein, das jahrelang unterschätzt worden war. Auch seine Interpretationen der Werke von Dvořák unter der Leitung von István Kertész gehören zu den bemerkenswertesten Aufnahmen der Klassikgeschichte.
Fournier spielte im Laufe seiner Karriere auf drei verschiedenen Instrumenten: einem Jean-Baptiste Vuillaume von 1863, einem Matteo Goffriller von 1722 und in seinen letzten 18 aktiven Jahren auf einem seltenen Charles Adolphe Maucotel von 1849.
Gregor Piatigorsky

Der ukrainischstämmige Gregor Piatigorsky gehörte mit Pablo Casals und Emanuel Feuermann zu den einflussreichsten Cellisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und genießt bis heute Kultstatus in der Welt des Violoncellos.
Gregor Piatigorskys Biografie
Am 17. April 1903 in Jekaterinoslaw (heute Dnipro, Ukraine) in eine jüdische Familie geboren, erhielt Piatigorsky mit sieben Jahren sein erstes Cello. Zunächst lernte er bei seinem Vater, bevor er ein Stipendium für das Moskauer Konservatorium erhielt. Als 14-Jähriger erkämpfte er sich bereits die Position des Solocellisten am Moskauer Bolschoi-Theater und spielte im Lenin-Quartett.
Nach einer dramatischen Flucht aus der Sowjetunion 1921 studierte er bei Julius Klengel in Leipzig und Hugo Becker in Berlin. Ein Wendepunkt seiner Karriere kam 1924, als Wilhelm Furtwängler ihn als Solocellisten zu den Berliner Philharmonikern holte. Fünf Jahre später verließ er das Orchester, um sich auf seine Solokarriere zu konzentrieren.
1937 heiratete er Jacqueline de Rothschild aus der bekannten Bankiersfamilie. Nach der deutschen Besetzung Frankreichs floh das Paar in die USA, wo Piatigorsky an verschiedenen Universitäten unterrichtete, darunter dem Curtis Institute und der University of Southern California. Er starb am 6. August 1976 in Los Angeles an Krebs.
Gregor Piatigorskys Stil und Technik
Trotz seiner hünenhaften Gestalt spielte Piatigorsky mit einer einzigartigen Mischung aus Brillanz, Kraft, Gefühl und Humor. Als extrovertierter Künstler stand er im Kontrast zu seinem zurückhaltenden Kammermusikpartner Jascha Heifetz. Gemeinsam schafften sie es jedoch, die Luft zum Flimmern zu bringen, wenn sie zusammen spielten. Besonders charakteristisch war Piatigorskys Anpassungsfähigkeit als Kammermusiker. Seine Interpretation des Soloparts in Richard Strauss‘ „Don Quixote“ beeindruckte sogar den Komponisten selbst, der nach einer Aufführung 1932 schwärmte: „Ich habe immer geträumt, das Portrait meines Helden so gespielt zu hören.“
Gregor Piatigorskys bedeutende Werke
Zusammen mit Heifetz und Arthur Rubinstein bildete Piatigorsky das legendäre „Million Dollar Trio“, das in den 1950er Jahren für ausverkaufte Konzertsäle sorgte. Darüber hinaus inspirierte sein Spiel zahlreiche Komponisten wie Paul Hindemith, Lukas Foss und Igor Strawinsky, für das Violoncello zu schreiben.
An Strawinskys „Suite Italienne“ arbeitete Piatigorsky sogar persönlich mit. Zu seinen berühmtesten Einspielungen zählt das Cellokonzert von William Walton, das er in Auftrag gegeben hatte und 1957 mit dem Boston Symphony Orchestra unter Charles Munch aufführte.
Video: An Afternoon with Gregor Piatigorsky. A documentary film about famed cellist, Gegor Piatigorsky
Daniil Borissowitsch Schafran

Der sowjetische Künstler Daniil Borissowitsch Schafran bleibt bis heute einer der originellsten und unverwechselbarsten Vertreter der russischen Celloschule, dessen einzigartiger Spielstil ihn von anderen berühmten Cellisten seiner Zeit deutlich abhob.
Daniil Shafrans Biografie
Daniil Schafran wurde am 13. Januar 1923 in Petrograd (später Leningrad, heute Sankt Petersburg) geboren. Er stammte aus einer musikalischen Familie – sein Vater Boris war erster Cellist der Sankt Petersburger Philharmonie und seine Mutter Frida Moiseyevna war Pianistin. Zunächst erhielt er Unterricht von seinem Vater, bevor er ab 1933 von Alexander Shtrimer am Leningrader Konservatorium ausgebildet wurde.
Sein Konzertdebüt mit Tschaikowskis Rokoko-Variationen unter Albert Coates brachte ihm den Ruf eines Wunderkindes ein. Ein entscheidender Moment seiner Karriere kam 1937, als er trotz seines jungen Alters am sowjetischen Unionswettbewerb teilnahm und den ersten Preis gewann – ein auf 1630 datiertes Antonio-Amati-Cello, das ihn sein Leben lang begleiten sollte. Während des Zweiten Weltkriegs zog er als 20-Jähriger nach Moskau und wurde Solist bei der Philharmonischen Gesellschaft.
Zwischen 1949 und 1953 errang er mehrere bedeutende Auszeichnungen, darunter 1949 zusammen mit Rostropowitsch den ersten Preis bei den Weltfestspielen der Jugend in Budapest. Schafran starb am 7. Februar 1997 in Moskau.
Daniil Shafrans Stil und Technik
Schafrans Spieltechnik war alles andere als konventionell. Besonders bemerkenswert war seine Verwendung aller fünf Finger einschließlich des Daumens – nicht nur in schnellen technischen Passagen, sondern auch in melodischen Abschnitten mit Vibrato. Auf die Frage nach seinem Daumengebrauch antwortete er einmal: „Gott gab uns fünf Finger. Warum sollten wir nicht alle nutzen?“.
Das auffälligste und am häufigsten imitierte Ausdrucksmittel Schafrans war sein einzigartiges Vibrato, das ihn von anderen Cellisten unterschied. Mit seinen massiven Fingerspitzen, die eine große Fläche der Saite bedeckten, konnte sein Vibrato eine fast elektrische Geschwindigkeit erreichen – ein Markenzeichen, das bei Fans als „Schafranism“ bekannt wurde.
Darüber hinaus bevorzugte er, mit lockererem Bogenhaar zu spielen und variierte die Neigung des Stocks mit Hilfe seiner rechten Hand. Durch weniger Haar im unteren Viertel des Bogens erreichte Schafran eine gleichmäßige Verteilung des Armgewichts, was zu einem ausgewogenen Klang über den gesamten Bogen führte.
Daniil Shafrans bedeutende Werke
1956 nahm er eine legendäre Einspielung der Schostakowitsch-Cellosonate mit dem Komponisten am Klavier auf. Beeindruckt von seinen Fähigkeiten, widmete ihm Dmitri Kabalevsky sein zweites Cellokonzert, dessen Uraufführung Schafran 1965 spielte. Seine Interpretation der Bach-Cellosuiten zeigt Schafrans außergewöhnliche technische Beherrschung und seinen unverwechselbaren Stil. Allerdings blieb sein internationaler Ruhm begrenzt, da er außerhalb des Ostblocks vergleichsweise selten auftrat.
Steven Isserlis fasste Schafrans Bedeutung treffend zusammen: „Als Cellist und Musiker war Schafran unvergleichlich. Zu einer Zeit, in der musikalische Stile konvergieren, blieb Schafrans Stimme einzigartig. Sein Vibrato, seine Phrasierung, sein Rhythmus gehörten zu einem einzigartigen Ganzen; seine erstaunliche Virtuosität vermittelte eine musikalische Persönlichkeit, die die Leidenschaft, die Einfachheit und die Poesie eines großen russischen Volkssängers bewahrte“.
Natalia Grigorjewna Gutman

Die russische Künstlerin Natalia Gutman zählt zu den tiefgründigsten Interpreten auf dem Violoncello, deren zurückhaltende Art einen bemerkenswerten Kontrast zu ihrem ausdrucksstarken Spiel bildet.
Natalia Gutmans Biografie
Natalia Grigorjewna Gutman wurde am 14. November 1942 in Kasan geboren und wuchs später in Moskau auf. Bereits mit fünf Jahren begann sie Cello zu spielen und gab als Neunjährige ihr erstes Konzert. Ihr musikalisches Talent wurde zunächst von ihrem Großvater Anisim Berlin, einem Geiger und Schüler von Leopold Auer, gefördert. Nach 13 Jahren Unterricht bei Professorin Galina Kossopulowa studierte sie ab 1964 bei Mstislaw Rostropowitsch am Moskauer Konservatorium.
Ihren internationalen Durchbruch erlebte sie 1967 mit dem ersten Preis beim ARD-Wettbewerb in München. Bereits zuvor hatte sie 1962 im Alter von nur 19 Jahren den dritten Preis beim Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau gewonnen. Zwei Jahre nach ihrem ARD-Erfolg debütierte sie in der New Yorker Carnegie Hall. Von 1991 bis 2004 unterrichtete Gutman als Professorin an der Musikhochschule Stuttgart.
Natalia Gutmans Stil und Technik
Gutmans Spiel zeichnet sich durch eine außergewöhnliche Expressivität und einen tief nach innen blickenden Charakter aus. Der Pianist Swjatoslaw Richter, einer ihrer wichtigsten Mentoren, bezeichnete sie einmal als „Inkarnation der Wahrhaftigkeit in der Musik“. Diese Beschreibung trifft den Kern ihrer künstlerischen Persönlichkeit – eine Cellistin, die nicht durch technische Effekte beeindruckt, sondern durch absolute musikalische Ehrlichkeit.
Im Laufe ihrer Karriere arbeitete sie mit namhaften Dirigenten wie Claudio Abbado, Riccardo Muti und Kurt Masur zusammen. Besonders bemerkenswert waren ihre Kammermusikpartnerschaften mit Martha Argerich, Jewgeni Kissin und natürlich ihrem Ehemann, dem Geiger Oleg Kagan.
Natalia Gutmans bedeutende Werke
Neben dem Standardrepertoire widmete sich Gutman intensiv der zeitgenössischen Musik. Ihre Interpretationen regten Komponisten wie Edison Denissow, Sofia Gubaidulina und Alfred Schnittke an, neue Werke für Cello zu schreiben. Schnittke widmete ihr sogar sein erstes Cellokonzert sowie eine Sonate.
Gemeinsam mit ihrem Mann Oleg Kagan gründete sie 1990 das Musikfestival in Wildbad Kreuth am Tegernsee. Nach Kagans frühem Tod im selben Jahr wurde es als „Oleg-Kagan-Musikfest“ bis 2012 weitergeführt. Darüber hinaus initiierte sie von 1992 bis 2002 zusammen mit Claudio Abbado die Kammermusikreihe „Berliner Begegnungen“, die jungen Musikern Auftrittsmöglichkeiten bot. Für ihre künstlerischen Verdienste erhielt Gutman 2005 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
Heinrich Schiff

Der österreichische Künstler Heinrich Schiff beeindruckte die Musikwelt mit seiner brennenden Intensität und galt als einer der energetischsten Interpreten auf dem Violoncello.
Heinrich Schiffs Biografie
Heinrich Schiff wurde am 18. November 1951 in Gmunden, Oberösterreich, als Sohn musikalischer Eltern geboren. Beide, Helmut Schiff und Helga Riemann (Enkelin des berühmten Musiktheoretikers Hugo Riemann), waren als Komponisten tätig. Mit sechs Jahren erhielt er ersten Klavierunterricht, bevor er sich mit zehn Jahren dem Cello zuwandte. Zunächst studierte er bei Tobias Kühne in Wien und später bei André Navarra in Detmold. Sein Debüt feierte er 1971 in Wien und London. Daraufhin entwickelte sich seine Karriere unaufhaltsam. Bemerkenswert ist auch, dass Schiff auf zwei außergewöhnlichen Instrumenten spielte: dem Mara-Cello von Stradivari (1711) und dem als The Sleeping Beauty bekannten Montagnana-Cello (1739).
Heinrich Schiffs Stil und Technik
Schiffs Spiel kennzeichnete eine ungewöhnliche Kombination aus technischer Brillanz und emotionaler Tiefe. Der Journalist Wolfram Goertz beschrieb seinen intensiven Stil treffend: „An einem Abend konnte er einen ganzen Wald absägen.“ Tatsächlich setzte Schiff sein technisches Können nie ein, um Musik besonders unantastbar darzustellen, sondern um sie von innen heraus zu entfalten. Allerdings forderte diese Intensität ihren Preis – ab 2012 konnte er aufgrund von Schmerzen im rechten Arm und an der Schulter nicht mehr den Bogen führen.
Heinrich Schiffs bedeutende Werke
Sein Repertoire umfasste sowohl die großen Standardwerke als auch zeitgenössische Kompositionen. Sein Bach war eloquent und intensiv. Darüber hinaus interpretierte er Werke von Dvořák, Haydn, Elgar und Schostakowitsch. Für seine Einspielung der Solosuiten von Bach und der beiden Cellokonzerte von Schostakowitsch erhielt er den Grand Prix du Disque. Zahlreiche Komponisten wie Lutosławski, Henze, Rihm und Friedrich Gulda schrieben Werke speziell für ihn.
Heinrich Schiffs Einfluss auf die Musikgeschichte
Nach dem Ende seiner Solokarriere widmete sich Schiff verstärkt dem Dirigieren und der Lehrtätigkeit. Er unterrichtete zunächst an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, später an der Universität Basel, dem Mozarteum in Salzburg und der Universität für Musik in Wien. Zu seinen Schülern zählen bedeutende Cellisten wie Julian Steckel, Valentin Radutiu und Christian Poltéra. Heinrich Schiff starb am 23. Dezember 2016 nach schwerer Krankheit in einem Wiener Krankenhaus.
Steven Isserlis

Der britische Künstler Steven Isserlis verkörpert mit seinem vielseitigen Wirken einen seltenen Musiker-Typus: nicht nur Cellist, sondern zugleich Autor, Pädagoge und musikalischer Entdecker.
Steven Isserlis‘ Biografie
Geboren am 19. Dezember 1958 in London, stammt Isserlis aus einer außergewöhnlichen Musikerfamilie. Sein Großvater war der russische Komponist Julius Isserlis, und nach seinen eigenen Angaben lässt sich sein Stammbaum auf Felix Mendelssohn, Karl Marx und Helena Rubinstein zurückverfolgen. Zwischen 1969 und 1976 studierte er am International Cello Centre bei Jane Cowan, wo er nicht nur musikalisch, sondern auch intellektuell geschult wurde – etwa durch die Beschäftigung mit Goethes Faust, um Beethovens Musik besser zu verstehen. Anschließend setzte er seine Ausbildung am Oberlin Conservatory of Music fort, bevor er 1977 sein Londoner Debüt feierte.
Steven Isserlis‘ Stil und Technik
Isserlis wird weltweit für seine mühelose Spieltechnik und tiefgründige Musikalität gefeiert. Besonders bemerkenswert ist seine ungewöhnliche Vielseitigkeit. Einerseits widmet er sich intensiv der historischen Aufführungspraxis und musiziert mit führenden Barockensembles wie dem Orchestra of the Age of Enlightenment. Andererseits zeigt er eine ebenso große Leidenschaft für zeitgenössische Musik und hat mit Komponisten wie John Tavener, Wolfgang Rihm, Thomas Adès und György Kurtág zusammengearbeitet.
Darüber hinaus zeichnet ihn ein charakteristisches Klangbild aus. Bei seiner Interpretation der Britten-Suite liefert er beispielsweise „eine ungeschönte, expressive Lesart“. In seinen Aufnahmen kann er „das Cello singen, frei atmen und, umgekehrt, kurzatmig knurren lassen“.
Steven Isserlis‘ bedeutende Werke
Zu seinen bedeutendsten Einspielungen zählt die Gesamtaufnahme der Bach-Cellosuiten, die vom Gramophone-Magazin als „Instrumental Album of the Year“ ausgezeichnet wurde. Außerdem erwähnenswert ist sein Album „The Cello in Wartime“, für das er ein ungewöhnliches Instrument nutzte – ein zerlegbares „Graben-Cello“ aus dem Ersten Weltkrieg.
Neben seiner Konzerttätigkeit hat Isserlis mehrere Kinderbücher verfasst, darunter „Warum Händel mit Hofklatsch hausierte“ und „Warum Beethoven mit Gulasch um sich warf“. Diese spiegeln seinen berühmten britischen Humor wider, der gemeinsam mit seiner charakteristischen Lockenmähne zu seinem Markenzeichen geworden ist.
Mischa Maisky

Der lettisch-israelische Cellist Mischa Maisky verbindet in seiner Kunst zwei große Traditionen des Cellospiels und bezeichnet sich selbst als „Weltbürger“. Als einziger Cellist weltweit genoss er den Unterricht sowohl bei Mstislaw Rostropowitsch als auch bei Gregor Piatigorsky.
Mischa Maiskys Biografie
Geboren am 10. Januar 1948 in Riga in eine musikalische jüdische Familie, zeigte Maisky früh sein außergewöhnliches Talent. Mit 17 Jahren wurde er von Rostropowitsch ans Moskauer Konservatorium geholt. Allerdings nahm seine Karriere eine dramatische Wendung, als er 1970 aufgrund der Emigration seiner Schwester nach Israel für 18 Monate in einem Arbeitslager inhaftiert wurde. Ein befreundeter Arzt überwies ihn schließlich in eine Nervenheilanstalt, wodurch er dem Militärdienst entkam.
Der 7. November 1972 markiert seinen „zweiten Geburtstag“ – den Tag seiner Ausreise nach Israel. Später studierte er bei Piatigorsky an der University of Southern California. Seit 1982 steht Maisky bei der Deutschen Grammophon unter Vertrag. Heute lebt er mit seiner Familie in Belgien.
Mischa Maiskys Stil und Technik
„Wenn man das Herz der Menschen erreichen will, muss es auch selbst von Herzen kommen“, erklärt Maisky seine Philosophie. Tatsächlich wird er oft als „Romantiker“ unter den Cellisten bezeichnet. Akademische Fingerübungen und Musik des 20. Jahrhunderts interessieren ihn weniger – er brennt für die Romantik.
Von seinen Lehrern lernte er: „Das Cello ist nur ein Instrument. Etwas, das uns hilft, das richtige Ziel zu erreichen. Und dieses Ziel ist die Musik“. Darüber hinaus fällt Maisky durch seine bunten Hemden und auffälligen Outfits auf – eine praktische Entscheidung, da er beim Spielen stark schwitzt.
Mischa Maiskys bedeutende Werke
Maisky spielt seit 1973 auf einem Domenico Montagnana-Cello aus dem 18. Jahrhundert. Seine Diskographie umfasst Werke von Bach bis Schostakowitsch. Besonders bemerkenswert ist, dass er der einzige Cellist ist, den die Deutsche Grammophon bat, sämtliche Cello-Werke Bachs aufzunehmen.
Zu seinen bedeutendsten Einspielungen zählen:
- Das Doppelkonzert von Brahms mit Gidon Kremer unter Leonard Bernstein (1982)
- Seine zweimalige Aufnahme der Bach-Suiten (1985 und 1999)
- Die Cellokonzerte von Dvořák (mit Bernstein und später mit Mehta)
Auch als Kammermusiker glänzt Maisky mit Partnern wie Martha Argerich, Radu Lupu und Gidon Kremer.
Paul Tortelier

Der französische Cellist Paul Tortelier prägte mit seiner einzigartigen Spielhaltung und pädagogischen Leidenschaft eine ganze Generation von Cellisten. Der am 21. März 1914 in Paris geborene Künstler erlangte sowohl als Interpret als auch als Lehrer Weltruhm.
Paul Torteliers Biografie
Zunächst erhielt Tortelier von frühester Kindheit an musikalische Förderung durch seine Eltern. Sein bretonischer Vater, ein Zimmermann, spielte selbst Violine und Mandoline, während seine Mutter das Cello liebte und ihren Sohn unbedingt zu einem Cellisten erziehen wollte. Mit zwölf Jahren trat er ins Pariser Konservatorium ein und studierte bei Louis Feuillard und später bei Gérard Hekking.
Nach ersten Orchestererfahrungen beim Orchestre Lamoureux spielte er von 1935 bis 1937 im Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo unter Dirigenten wie Toscanini und Walter. Ein Wendepunkt seiner Karriere kam, als Richard Strauss in Monte-Carlo sein symphonisches Gedicht Don Quixote dirigierte und Tortelier die Solo-Cello-Partie übernahm. 1950 wurde er von Pablo Casals zum ersten Festival de Prades eingeladen, was entscheidend zu seinem Durchbruch beitrug.
Paul Torteliers Stil und Technik
Besonders bemerkenswert war Torteliers selbst entwickelte Cellohaltung. Er hielt das Instrument beim Spielen fast horizontal, ermöglicht durch einen abgeknickten Stachel, den sogenannten „Pique Tortelier“. Seinen französischen Spielstil erklärte er selbst mit einer „subtilen, nervösen“ Bogenhand. Der fragile, elegante und sehr freie Ton wurde also von der rechten Hand generiert.
Trotz seiner französischen Herkunft war Tortelier nie besonders angetan von französischer Musik. Allerdings verfügte er über die Fähigkeit, sich jedem Stil anzupassen.
Paul Torteliers bedeutende Werke
Tatsächlich blieb die Musik Johann Sebastian Bachs zeitlebens ein Fix- und Angelpunkt von Torteliers musikalischem Denken. Seine Einspielungen, unter anderem Bachs Cellosuiten, erschienen bei EMI und Erato. Außerdem spielte er in der ersten Gesamtaufnahme der Orchesterwerke von Richard Strauss unter Rudolf Kempe den Solopart in Don Quixote.
Darüber hinaus bildete er mit Arthur Rubinstein und Isaac Stern ein berühmtes Trio. Als Pädagoge unterrichtete er am Pariser Konservatorium (1956-1969), an der Folkwanghochschule in Essen (1969-1975) und am Konservatorium von Nizza (1978-1980). Zu seinen Schülern zählte Jacqueline du Pré, deren Trauzeuge er bei ihrer Hochzeit mit Daniel Barenboim war.
Paul Tortelier starb am 18. Dezember 1990 im Alter von 76 Jahren an einem Herzinfarkt im Schloss Villarceaux, während er einen Kurs für junge Musiker abhielt.
Alisa Weilerstein

Die amerikanische Cellistin Alisa Weilerstein repräsentiert eine neue Generation herausragender Instrumentalisten, deren tiefgründige Interpretationen die klassische Musikwelt bereichern.
Alisa Weilersteins Biografie
Alisa Weilerstein wurde am 14. April 1982 in Rochester, New York, in eine musikalische Familie geboren. Bereits im Alter von vier Jahren begann sie mit dem Cellospiel. Ihr öffentliches Debüt feierte sie mit nur 13 Jahren beim Cleveland Orchestra mit Tschaikowskis Rokoko-Variationen. Mit 15 Jahren trat sie erstmals in der Carnegie Hall auf. Nach ihrer Ausbildung im Young Artist Program am Cleveland Institute of Music schloss sie 2004 an der Columbia University in New York ihr Studium im Fachbereich Russland mit einem BA ab.
Im Alter von neun Jahren wurde bei Weilerstein Typ-1-Diabetes diagnostiziert, weshalb sie sich heute als überzeugte Verfechterin der T1D-Gemeinschaft engagiert. Sie ist mit dem venezolanischen Dirigenten Rafael Payare verheiratet und lebt mit ihren zwei Kindern in San Diego und Montréal.
Alisa Weilersteins Stil und Technik
Weilersteins Spiel zeichnet sich durch eine außergewöhnliche emotionale Tiefe und interpretatorische Kraft aus. Im Jahr 2011 würdigte die MacArthur Foundation ihr Talent mit einem „Genius Grant“-Stipendium. Die New York Times beschrieb ihre Herangehensweise treffend: „Weilerstein ist eine Reminiszenz an ein früheres Zeitalter klassischer Interpreten: Sie begnügt sich nicht damit, als Gefäß für die Wünsche des Komponisten zu dienen, sondern nimmt ein Stück vollständig in sich auf und macht es zu ihrem eigenen Zweck“.
Bemerkenswert ist zudem die tiefe Verbindung zu ihrem Instrument. Die Los Angeles Times stellte fest: „Weilersteins Cello ist ihr Ich. Sie erweckt nicht den Eindruck, dass das Musizieren überhaupt einen Willen beinhaltet. Sie und das Cello scheinen einfach ein und dasselbe zu sein“.
Alisa Weilersteins bedeutende Werke
Weilersteins Diskografie umfasst eine beeindruckende Bandbreite. Ihre Einspielung der Cellokonzerte von Edward Elgar und Elliott Carter mit der Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim wurde von BBC Music zur „Recording of the Year 2013“ gekürt. Außerdem nahm sie das Dvořák-Cellokonzert mit der Tschechischen Philharmonie auf, das an die Spitze der klassischen Charts in den USA kletterte.
Besonders erwähnenswert ist ihr aktuelles, mehrere Spielzeiten umfassendes Projekt „FRAGMENTS“, bei dem sie die sechs Cellosuiten von Bach multisensorisch präsentiert und durch 27 neue Auftragswerke erweitert. Als Verfechterin zeitgenössischer Musik hat sie wichtige neue Werke von Komponisten wie Pascal Dusapin, Osvaldo Golijov, Matthias Pintscher und Joan Tower uraufgeführt.
Schlussfolgerung
Die Reise durch die Geschichte der größten Cellisten offenbart eine faszinierende Entwicklung des Instruments und seiner Interpreten. Jeder dieser Künstler brachte einzigartige Beiträge zur Cellowelt – von Pablo Casals‘ bahnbrechender Wiederentdeckung der Bach-Suiten bis zu Alisa Weilersteins innovativem „FRAGMENTS“-Projekt. Tatsächlich lässt sich erkennen, wie das Cello dank dieser Meister vom Begleitinstrument zum ausdrucksstarken Soloinstrument aufstieg.
Besonders bemerkenswert erscheint die Vielfalt der Spielstile. Während Daniil Shafran mit seinem charakteristischen „Schafranism“-Vibrato beeindruckte, revolutionierte Anner Bylsma die historische Aufführungspraxis. Ebenso unterschiedlich gestalteten sich die persönlichen Wege dieser Künstler – von Rostropowitschs politischem Exil bis zu Jacqueline du Prés tragisch verkürzter Karriere.
Die technischen Innovationen dieser Cellisten prägen nach wie vor die heutige Ausbildung. Emanuel Feuermanns revolutionäre Technik, Torteliers unverwechselbare Spielhaltung oder Yo-Yo Mas genreübergreifender Ansatz – sie alle erweiterten die Grenzen des Instruments. Dadurch entstanden neue Spieltechniken und ein größeres Repertoire für nachfolgende Generationen.
Gleichzeitig gilt: Das Erbe dieser 14 Legenden lebt nicht nur in Aufnahmen weiter. Heinrich Schiffs pädagogisches Wirken, Rostropowitschs zahlreiche Uraufführungen und Gutmans Festival-Gründungen hinterlassen bleibende Spuren in der Musikwelt. Zweifelsohne bilden ihre Interpretationen, pädagogischen Methoden und persönlichen Geschichten einen unerschöpflichen Inspirationsquell für angehende Cellisten.
Die Evolution des Cellos und seiner größten Interpreten unterstreicht letztendlich eine zentrale Wahrheit: Ungeachtet der technischen Meisterschaft bleibt die Fähigkeit, durch Musik zu berühren und zu bewegen, das verbindende Element aller großen Cellisten – ein Erbe, das kommende Generationen von Musikern und Hörern gleichermaßen bereichern wird.
FAQs
Q1. Wer gilt als einer der größten Cellisten aller Zeiten?
Pablo Casals wird oft als einer der bedeutendsten Cellisten der Geschichte angesehen. Er revolutionierte das Cellospiel und machte Bachs Cellosuiten weltbekannt.
Q2. Welche Cellistin wird als eine der einflussreichsten des 20. Jahrhunderts betrachtet?
Jacqueline du Pré gilt als eine der wichtigsten Cellistinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre leidenschaftlichen Interpretationen, besonders von Elgars Cellokonzert, prägten nachfolgende Generationen.
Q3. Welcher zeitgenössische Cellist ist für seine kulturübergreifende Arbeit bekannt?
Yo-Yo Ma ist für seine genreübergreifenden Projekte bekannt, insbesondere das Silk Road Ensemble (silkroad.org), das Musiker aus verschiedenen Kulturen zusammenbringt.
Q4. Welche technischen Innovationen haben berühmte Cellisten eingeführt?
Viele Cellisten haben die Spieltechnik weiterentwickelt. Beispielsweise revolutionierte Emanuel Feuermann die Virtuosität auf dem Instrument, während Paul Tortelier eine spezielle Cellohaltung entwickelte.
Q5. Wie hat sich das Repertoire für Cello durch diese Künstler erweitert?
Legendäre Cellisten wie Mstislav Rostropovich haben zahlreiche zeitgenössische Werke in Auftrag gegeben und uraufgeführt. Dadurch wurde das Repertoire für Cello im 20. und 21. Jahrhundert erheblich erweitert. Friedrich Gulda hat sein Cellokonzert speziell für Heinrich Schiff komponiert.
Hier noch einmal alle 14 Cellisten nach Geburtsjahr geordnet. Alle Namen sind mit den dazugehörigen, deutschen Wikipediaseiten verlinkt:
| Pablo Casals | 1876 |
| Emanuel Feuermann | 1902 |
| Gregor Piatigorsky | 1903 |
| Pierre Fournier | 1906 |
| Paul Tortelier | 1914 |
| Daniil Shafran | 1923 |
| Mstislav Rostropovich | 1927 |
| Natalia Gutman | 1942 |
| Jacqueline du Pré | 1945 |
| Mischa Maisky | 1948 |
| Heinrich Schiff | 1951 |
| Yo-Yo Ma | 1955 |
| Steven Isserlis | 1958 |
| Alisa Weilerstein | 1982 |
Referenzen
Youtube: Daniil Shafran plays Bach 6 suites for cello solo CD1
Biography – Daniil Shafran
Alisa Weilerstein
Zeit.de „Ich habe einen Traum : Yo-Yo Ma“
Deutschlandfunk.de: Cellist Yo-Yo Ma in Leipzig
Replacing shifts with a stretch: Daniil Shafran’s left-hand technique
srf.ch: „Der Mann, der sein Cello reden lässt“
oe1.orf.at – „Eine Königin des Cellos“ Natalia Gutman zum 80. Geburtstag
Kronberg Academy Stiftung: „Steven Isserlis, Violoncello“
Deutsche Grammophon – Der Romantiker des Cellos – „10 Classic Albums“ von Mischa Maisky
Impresariat Simmenauer „Alisa Weilerstein Cello
Dresdner Philharmonie: „Alisa Weilerstein“