Elfriede Witschel
Berufsinformation in der 4. Klasse: "Schnuppertage" - ein Einblick in die Arbeitswelt

Der Lehrplan sieht für alle 4. Klassen Berufsinformation im Ausmaß der jeweiligen Wochenstunden des Faches vor. Das heißt, die Schülerinnen und Schüler sollen sich einerseits mit ihren eigenen Fähigkeiten und Interessen auseinandersetzen, andererseits mehr über die Berufs- und Arbeitswelt erfahren.
Gerade von diesem Bereich, der Welt der Erwachsenen, und auch von konkreten Berufen gibt es bei Jugendlichen fixe Vorstellungen, die mit der Realität oft wenig zu tun haben. Hier soll der Schwerpunkt gesetzt werden: entsprechend dem eigenen Interesse soll jede Schülerin und jeder Schüler zwei Arbeitstage in einem Betrieb verbringen und so einen kleinen Einblick die Arbeitswelt gewinnen.
Neben den Schülern sind die Eltern in diesem Projekt wichtige Partner. Sie bilden die Nahtstelle zur Berufswelt und sind so beim Suchen von geeigneten Betrieben behilflich.
Jede Schülerin und jeder Schüler nimmt zunächst mündlich dann auch schriftlich mit der gewählten Arbeitsstelle Kontakt auf.
An einem der beiden Tagen wird ein Protokoll über die Tätigkeiten und Arbeitsabläufe erstellt. Zusätzlich bitten die Schülerinnen und Schüler ihre Betreuungsperson, ihnen einige vorbereitete Fragen zu beantworten.
Schließlich verfassen die Jugendlichen einen Bericht, der zum einen Informationen zur Arbeitsstelle und der Arbeit bietet, zum anderen aber auch ihre subjektiven Eindrücke und Beobachtungen wiedergibt.

Bericht - Berufsinformation Johanna Schumi
Pörtschach, 14. Mai 2000

Wann: 8.-9. Mai 2000 von 8.00- 16.00h.
Wo: Behindertenförderungszentrum des Landes Kärnten (BFZ);
Gutenbergstrasse 9
9020 Klagenfurt
Tel: 0463/55402 Fax: 0463/55402-30

Aufgrund der Berufsinformationswoche in der Schule besuchte ich die Therapeuten von Physio- und Ergotherapie sowie die Logopäden im BFZ.
Das Arbeitsklima ist sehr gut. Die Leute reden sich beim Vornamen an und verstehen sich prima. In Pausen geht es meist lustig zu, da über lustige Begebenheiten mit Patienten ebenso wie über private als auch diverse Patienten und deren neue Therapien geplaudert wird. Mittagessen erhalten die Angestellten mit Ausnahme der Gruppenleiterinnen in der Krankenhauskantine. Kaffee und Knabbersachen bringen Therapeuten abwechselnd von Zuhause mit.
Es arbeiten derzeit 3 männliche und 6 weibliche Therapeuten. Im gesamten Betrieb sind die Damen weit in der Überzahl. Lehrer sind eher selten und männliche Erzieher gibt es nur in den internen Lehrwerk Ich traf 3 Studentinnen, da diese ihr Praktikum dort absolvierten. Da viele Behinderte in der Schule in die Lehre gehen und dort als Gärtner, Maler,... oder als Putzfrauen arbeiten, ist von jung bis alt nahezu jede Altersgruppe vertreten.
Die Arbeit der Therapeuten ist sehr abwechslungsreich, da von Rollstuhlkindern über geistig Behinderte hin zu Schwererziehbaren und äußerst schwachen Schülern, Kinder und Jugendliche zu betreuen sind. Zusätzlich gibt es Einzel- Gruppen- und Sporttherapie, um den Menschen besser helfen können. Die Arbeitszeiten sind verschieden (aber meistens nur 4 Tage /Woche), da jedes Kind seinen eigenen regulären Termin hat. Kinder bekommen ihre Termine so, wie es ihnen möglichst angenehm ist. Für die Therapeuten ist es von größter Notwendigkeit, dass die Patienten nicht müde sind und dass die Patienten -Lust haben Übungen zu machen. Dies ist nur der Fall, wenn die Kinder wissen, sie verpassen inzwischen nichts. Die Therapiestunden sind nicht gleich nach dem Unterricht oder am Abend. Rollstuhlkinder sind meist am Vormittag da, während die Klasse turnt.
Die Anfahrtszeit für Mitarbeiter ist unterschiedlich, je nachdem ob es Stau gibt oder nicht. Aber gute Straßen und ausreichend Parkplatz sowie öffentliche Verkehrsmittel sind vorhanden.
Im BFZ herrscht ein hoher Grad an Hygiene, da die geistig Behinderten, die diese Aufgabe übernehmen, sehr stolz darauf sind alles auf Hochglanz zu bringen. Deshalb putzen diejenigen oft vier- und fünfmal am Tag. Für manche Behinderte werden Spezialgeräte benötigt: Stehbretter, Hebekräne, Spezialliege- und Sitzschalen, usw.
Kleidungsvorschriften gibt es für Therapeuten keine, doch Hosen sind von Vorteil. Sie tragen T-Shirts und Sweaters auf denen "Physio-" bzw. "Ergotherapie" oder "Logopädie" aufgedruckt ist. Die Arbeit ist zwar sehr spannend und interessant, allerdings auch anstrengend. Aber Stress gibt es nicht. Lustig ist vor allem Radfahren mit den Kindern. Jeder hat seine eigenen Übungen und zum Schluss wird zur Belohnung vor allem mit den jüngeren Patienten noch gespielt. Allerdings können die Spiele gleich zur Therapie gehören. z.B.: Rollstuhlboccia oder diverse andere Ballspiele, bei denen das Fangen im Vordergrund steht. Im BFZ wird sogar den Rollstuhlfahrern das Radfahren ermöglicht. Es gibt aber Schrecksekunden, wenn z. B. einer der Rollstuhlfahrer wegen eines unerlaubten Wettrennens umkippt nicht angeschnallt war. Bei vielen Patienten muss man besonders nachsichtig und feinfiihlig sein, da Behinderte sehr schnell gekränkt sind.
Nach der Bezahlung habe ich nicht gefragt, da es mir etwas unhöflich erschien. Aufstiegsmöglichkeiten gibt es nicht, da Vorsteher oder Sprecher einer Fachgruppe gewählt werden und sich freiwillig melden müssen und im Prinzip jeder das ist, wofür er sich beworben hat, Therapeuten sind Therapeuten und Lehrer sind Lehrer.

Ich fand diese Schnuppertage sehr aufregend, lehrreich und interessant, aber viel zu kurz. Ich bin begeistert von der Arbeit eines Therapeuten und werde mir diesen Beruf wahrscheinlich als 2. Möglichkeit zur Seite legen. Da ich sehr gerne mit behinderten Kindern arbeite, könnte ich mir auch einen Heimjob gut vorstellen. Allerdings nicht in den Ferien, da zu dieser Zeit das BFZ geschlossen hat. Die Therapeuten sowie der Dir. Hr. Burgstaller sind sehr erfreut über Jugendliche, die sich für diesen Beruf interessieren. Behinderte sind Menschen, die man akzeptieren und respektieren soll, auch wenn sie oft Hilfe von außen benötigen und nicht so sind wie die meisten anderen Leute.


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